Am 10.07.2020 hospitierte ich nach einer längeren Pause in der Zeit von 16:30 bis 02:30 Uhr bei der 13. Einsatzhundertschaft (EHu.) der Berliner Polizei (Direktion Einsatz). Die 13. EHu hatte an diesem Tag den Auftrag den Raumschutz rund um Friedrichshain zu gewährleisten sowie u.a. die angemeldete Demonstration zu begleiten und zu schützen.

Es gab meiner Kenntnis nach keine Räumung von Wohnungen in der Rigaer Straße 94 am 09.07.2020 sondern die Inbesitznahme einer leerstehenden Wohnung durch den Eigentümer. Dennoch war die Situation vor Ort angespannt, aber das war allen Seiten im Vorfeld klar. Meine Hospitation war bereits im Frühjahr geplant, musste aber aufgrund der Corona-Situation verschoben werden. Es war demnach ein Zufall, dass meine Hospitation nun genau in diesen Zeitraum fiel.

Nachdem ich bei der 13. EHu ankam, ging es sofort in den Einsatzraum. Ich hatte die Möglichkeit mit den Mannschaften, aber auch den Führungskräften über die aktuelle Situation zum LADG zu diskutieren und auch weitere Themen konnten miteinander besprochen werden. Ich habe Verständnis, dass vieles, was politisch entschieden wird, teilweise nicht nachvollzogen werden kann. Teilweise haben wir in Berlin die Situation, dass Thementiefe und Empathie bei Gesetzesvorhaben seitens der Politik unzureichend vorhanden sind bzw. die Menschen, die mit den beschlossenen Änderungen arbeiten müssen, nicht „mitgenommen“ werden. Das Resultat ist ein Gefühl, das oftmals mit „die da oben und wir da unten“ umschrieben wird. Einen wesentlichen Aspekt stellt die Wertschätzung der geleisteten Arbeit dar. Damit ist in diesem Fall nicht der finanzielle Ausgleich gemeint, sondern es sind anerkennende Worte und das Verständnis der geleisteten Arbeit. Dabei sollte sich immer auf Augenhöhe begegnet werden können. Mir war und ist es wichtig, mich konstruktiv mit den Beamt/innen austauschen zu können. Kritischen Aspekte und Meinungen gehören dazu. Sie müssen angehört werden und in die politische Arbeit einfließen.

Mir war völlig klar, dass ich im Vorfeld nicht auf Twitter oder Facebook über die geplante Hospitation werde schreiben können. Zum einen dient dies dem Schutz der Beamt/innen im Einsatz, zum anderen natürlich auch der eigenen Sicherheit. Die Streife der Einsatzhundertschaft führte zunächst zur Rigaer Straße 78 (R78). Dort war gezielt und provokativ Müll auf der Straße platziert worden. Bauschutt, Holzgegenstände, Kinderwagen, Metall und mehr. Eine Personengruppe aus der R78 stand daneben und versuchte die Beamt/innen mit teils dreisten Kommentaren zur Situation in Gespräche zu verwickeln. Um die Szene weiter öffentlichkeitswirksam zu gestalten, wurde Musik laut aufgedreht. Der Zug, den ich an diesem Tag begleitete, räumte den Müll zur Seite als zwei Personen einräumten, dass ein Teil des Mülls (ein großer Holzbalken) ihnen gehören würde. Gegen sie wurde im Anschluss ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Die technische Einheit der Polizei entsorgte den Müll. Der Einsatz an der R78 blieb somit friedlich, jedoch wurde gefilmt und die Beamt/innen wurden wiederholt in bewusst sinnfreie Diskussionen hineingezogen.

Als ich wenig später – noch vor Beginn der Demonstration – von einer Person aus der R78 erkannt wurde, wurde recht schnell klar, dass sich diese Info herumsprechen würde und sich meine persönliche Sicherheitslage geändert hatte. Als die Demonstration schließlich begann, blieb ich aus Sicherheitsgründen im Fahrzeug. Der Demonstrationszug selbst setzte sich aus Anhängern, Sympathisanten aber auch gewaltbereiten Personen zusammen. In etwa entspricht das dem Personenkreis, welchen wir in Berlin vom 1. Mai kennen. Insgesamt nahmen etwa 300-400 Personen an der Demo teil.

Die Polizei war gut aufgestellt und die Einsatztaktik ging auf. Dennoch kam es während und nach der Demonstration zu strafbaren Handlungen. Es konnten Personen identifiziert werden und es kam zu beweissicheren Festnahmen. Die Altersstruktur der Teilnehmer war durchwachsen. Interessant war aber, dass auch sehr junge Menschen teilgenommen haben. Hier muss aus meiner Sicht genau hingeschaut werden, ob Jugendliche nicht sogar aus der Demonstration heraus zu Straftaten angestiftet wurden.

Nach dem Ende der Demonstration wurde es auch auf dem sogenannten „Dorfplatz“ ruhiger. Dennoch kam es wieder zu Flaschenwürfe auf Polizeivollzugskräfte. Soweit ich weiß, wurde niemand verletzt. Im Einsatzgeschehen war die Polizei mit ihren Kräften gut verteilt. Bei Festnahmen folgte natürlich unmittelbar die Reaktion der linksradikalen/linksextremistischen Szene – meist durch Sprechchöre und das Verfolgen der Polizeikräfte.

Mein Mitgefühl hat im Besonderen die Anwohnerschaft. Mir tut leid, wer dort tagtäglich dieses Schauspiel, die Bedrohungslagen und den täglichen Hass vor Ort ertragen muss.

Im Anschluss streiften wir weiter durch das Gebiet. Weit nach Mitternacht ging es dann zu einem Imbiss um sich etwas zu stärken. Beim Gespräch im Gruppenwagen konnte ich ein paar Dinge aus meinem politischen Alltag gerade im Bezug zum Linksextremismus berichten und mich mit den Kolleg/innen über den Einsatz der Schicht austauschen. Für mich endete die Schicht schließlich gegen 2:30 Uhr.

Ich bin dankbar, dass ich diese Einsatzlage begleiten konnte. Gerade nach den letzten Wochen in den sowohl das LADG, wie auch die Entwicklungen in der Rigaer Straße und Liebigstraße heißt diskutiert wurden, ist es sehr wichtig immer wieder ins Gespräch zu kommen und sich offen und ehrlich austauschen zu können.

Mein Dank gilt den Einsatzkräften der 13. Einsatzhundertschaft dafür, dass ich als Abgeordneter einen unmittelbaren Blick in das Einsatzgeschehen erhalten konnte und wir miteinander auf Augenhöhe diskutieren konnten. Ich wünsche Ihnen allen weiterhin alles Gute und vor allem viel Gesundheit. Wir Berliner/innen sind Ihnen zu Dank verpflichtet.

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