Am 18.06.2021 hospitierte ich bei der 24. Einsatzhundertschaft (EHu.) der Polizei Berlin. Diese EHu. war an diesem Tag als Landeseinsatzreserve (LER) vorgesehen und hatte aufgrund der Brandschutzbegehung in der Rigaer Straße, bereits eine anstrengende und ereignisreiche Woche hinter sich. Einige Abläufe innerhalb der Strukturen der Einsatzhundertschaften kenne ich schon, dennoch ist es immer wieder interessant eine Auffrischung zu erhalten und in die Gespräche mit den Beamt:innen einzutauchen.
Gleich zu Beginn fiel mit die eigene Corona-Schnellteststrecke ins Auge. Hier hat man frühzeitig die Abläufe durchdacht und sich der neuen Situation gestellt um zu verhindern, dass die Einsatzkräfte reihenweise wegen Quarantänemaßnahmen und Covid19-Erkrankung ausfallen. Auch heute noch wird durchgängig unter Anleitung getestet. Das galt natürlich auch für mich: Vorab ein Schnelltest und im Fahrzeug grundsätzlich mit FFP2-Maske.
Gern wird übersehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Polizeivollzugskräfte überhaupt nicht direkt in Berlin wohnt. Das hat unterschiedliche Gründe, macht sich vor allem aber dann bemerkbar, wenn Dienste statt zehn oder zwölf Stunden auch mal mehr als 14 Stunden dauern oder nach einer Einsatzlage viel Papierkram erledigt werden muss. Steht dann am nächsten Tag ein früher Dienstbeginn im Plan, ist die Koordination bedeutend schwieriger. Dies gilt es zu berücksichtigen.
In der Waffenkammer bekam ich meine Schutzweste, welche ich für die Dauer der Hospitation tragen sollte und bekam auch einen kurzen Einblick in die weitere Ausstattung der Beamt:innen. Am Beispiel einiger Vorgänger-Modelle des „Tonfa“, eines Schlagstocks, konnte ich nachvollziehen, wie sich das Gerät im Laufe der Jahre weiterentwickelt hat, wenngleich jeder froh ist, wenn dieses Mittel nicht zum Einsatz kommt.
Nach einer kurzen Einsatzbesprechung ging es raus in der Einsatzort. Die 24. Einsatzhundertschaft war an diesem Tag vor allem an die City-West gebunden, grundsätzlich jedoch frei von Aufträgen. Das ist nicht immer der Fall, denn jeder weiß: Berlin schläft nicht und es immer irgendwo etwas los.
Der erste Einsatz führte an den Breitscheidplatz. Im Zuge der Fußball-Europameisterschaft kommt es immer wieder zu Autokorsos und das hat Einfluss auf den Innenstadtverkehr. Darum hat die Polizei die Partien im Blick und kann bei Bedarf mit dem Verkehrsdienst sowie den Einsatzhundertschaften tätig werden.
Es folgte eine Fahrt zur Bundespolizei am Zoologischen Garten. Die Kolleg:innen dort haben eine besondere Dienststelle, da diese komplett in den S-Bahn-Bögen untergebracht ist. Ein strategisch günstiger und sicher auch außergewöhnlicher Ort
Auf der Streifenfahrt zur Wilmersdorfer Straße machte die 24. Einsatzhundertschaft am Stuttgarter Platz Halt. Auf dem neugeschaffenen Platz konnte eine sprichwörtliche Rattenplage festgestellt werden. Mindestens 50 Ratten mit Jungtieren fraßen die dort ausgelegte Körner. Auf die Menschen aufmerksam geworden, traten sie die Flucht in eine benachbarte Grünanlage an. Ein Bürger sprach die Beamt:innen auf das Problem an. Der zuständige Polizeiabschnitt wurde informiert und um eine rasche Klärung durch die Behörden gebeten.
Die weitere Streife im Gebiet erfolgte zu Fuß. Diese Sichtbarkeit von Polizeikräften wünschen sich viele Menschen in unserer Stadt. Natürlich gibt es die sogenannten anlassbezogenen Einsätze, aber ich halte es ebenfalls für wichtig, dass die Kräfte einfach vor Ort und ansprechbar sind.
Im Rahmen einer Landeseinsatzreserve können Polizeiabschnitte Unterstützung anfordern oder werden „mitbedient“, sofern sich diese Reserve im Funkkreis befindet. Diese Unterstützung ist bei den Funkwagenbesatzungen der Abschnitte gern gesehen und eine wichtige Hilfe an ereignisreichen Tagen und Nächten.
Immer wieder kommt es in den Berliner Parkanlagen zur Lärmstörungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen. In Berlin haben sich hier in der letzten Zeit Schwerpunkte herausgebildet, welche durch die Polizei Berlin kontrolliert werden. Jeder und jede hat Verständnis, dass gerade junge Menschen nach den Entbehrungen durch die Pandemie nun wieder die zurückgewonnenen Freiheiten genießen wollen. Die Clubs haben noch nicht vollumfänglich geöffnet und so sind vor allem die Parks das Mittel der Wahl an diesen heißen Tagen. Eine solche Kontrolle erfolgte in dieser Nacht im Park am Gleisdreieck. Dort wurden in der Vergangenheit vermehrt Polizeikräfte aus der Dunkelheit heraus mit Flaschen beworfen.
Die Einsatzkräfte sprachen gezielt Gruppen im Alter von etwa 18 bis 25 Jahren mit laufender Musik an. Obwohl Alkohol im Spiel war, war die Stimmung gut die jungen Leute haben Verständnis für die Kontrolle gezeigt. Vielmehr kamen sie mit den Polizeibeamten ins Gespräch. Keine Aggressivität, keine Eskalation. Doch das ist leider nicht immer der Fall. Die Einsatzhundertschaft bleib noch eine Weile vor Ort und sprach vereinzelt Personen an um darauf hinzuweisen, dass im Park keine Partys möglich sind. Auch die größeren Gruppen lösten sich mit der Zeit auf.
Dafür bildete sich nun im James-Simon-Park ein Problem. Bei sommerlichen Temperaturen hatten sich dort mehrer hundert Personen mit Musik und Alkohol versammelt. Vor Ort lieferten sich zude mehrere junge Frauen eine Auseinandersetzung und die Beamt:innen mussten die Kontrahentinnen voneinander trennen. Im Folgenden versuchten die Einsatzkräfte die Verantwortlichen für die laute Musik anzusprechen. Ein Katz-und-Maus-Spiel, denn mehr als einmal wurde die Musik wieder aufgedreht, sobald sich die Kräfte entfernt hatten.
Einige der Personen aus dem Park am Gleisdreieck, hatten sich ebenfalls im James-Simon-Park eingefunden. Nicht erst durch die Pandemie haben sich die sozialen Netzwerke zu effektiven Newstickern für gute Locations in Berlin entwickelt. Manchmal auch zum Leidwesen von Anwohner:innen und die Polizei. Doch auch hier beruhigte sich die Lage und es bleib völlig gewaltfrei.
Bei meinen Hospitationen bei der Polizei Berlin schätze ich besonders die Möglichkeit der Gespräche. Sie sind erkenntnisreich: persönlich und für die politische Arbeit. Zwei große Themen ziehen sich dabei durch die Gespräche wie ein roter Faden: Zum einen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zum anderen die anfallenden Überstunden. Aufgrund der zahlreichen und besonderen Einsatzlagen und Alarme erreicht die Hauptstadtpolizei Spitzenwerte. Oft ist für die Einsatzkräfte wenig Zeit für die Familie und für Erholung. Das dürfen wir der Politik, als jene die die rechtlichen Grundlagen für die Arbeit der Kräfte schaffen, nicht aus den Augen verlieren. Die Arbeit bei der Polizei Berlin ist anspruchsvoll und herausfordernd. Auch deshalb bedanke ich mich sehr herzlich für Ihre Arbeit und für die Möglichkeit, hier einen weiteren Einblick erhalten zu haben. Passen Sie gut auf sich auf und – auch bei sinkenden Inzidenzen: Bleiben Sie gesund.