Verhandlungspartner:
Wir sollten mit den Menschen im Ortsteil sprechen, welche ein Interesse daran haben, dass der Konflikt langfristig gelöst wird. Das sind die Anwohnerschaft, die Gewerbetreibenden, das Sympathisanten-Umfeld, der Bezirk sowie das Land Berlin. Keine Gespräche kann es mit Straf- und Gewalttätern aus dem Bereich des Linksextremismus geben.

Maßnahmen zur Deeskalation:
Zunächst brauchen wir eine Person, einen Vermittler oder Mediator, der das Vertrauen von allen Seiten genießt und nicht in den Konflikt involviert ist. Klar muss sein, dass die Berliner Po-lizei und das Ordnungsamt jederzeit vor Ort sein muss, ohne dass sie als Gefahr oder Bedro-hung angesehen werden. Der Rückgang verdachtsunabhängiger Personenkontrollen und ein angemessener Raumschutz seitens der Berliner Polizei sollten hierbei zur Beruhigung beitragen. Die Anwohnerschaft muss offen über ihr eigenes Bedrohungsgefühl und die belastende Situati-on sprechen können. Daraus können dann ein Stufenmodel entwickelt und Vereinbarungen getroffen werden.

Breite Kiezbefriedung:
Eine Möglichkeit wäre die Einrichtung eines „Dialog-Ladens“. Ein Ort, an dem die Anwohner-schaft zusammenkommt und im geschützten Raum offen über die Probleme bzw. Anfeindun-gen geredet werden kann. Vielleicht wird eine Art Quartiersmanager nötig, der sich um alle Belange in diesem Kiez kurz- und mittelfristig kümmert. Gleichwohl könnte man auch über eine Mobile Wache vor Ort nachdenken, welche im Kiez unmittelbar und 24 Stunden am Tag an-sprechbar ist. Diese könnte so lange vor Ort sein, bis der Konflikt gefühlt auf dem Weg der Be-friedung ist. Der Kontaktbereichsbeamte benötigt ggf. mehr Unterstützung aus dem zuständi-gen Abschnitt oder der Direktion. Sichtbarkeit und Präsens, Dialogbereitschaft und Problemlö-sungskompetenz sind hier gefragt.

Anwohnereinbindung als Schlüssel:
Die Einbindung der Anwohnerschaft und der Hauseigentümer ist der entscheidende Schlüssel zum Erfolg. Wenn alle Seiten an einem Strang ziehen, ist es möglich, dass sich die Menschen in ihrem Kiez schon bald wieder wohlfühlen. Die Gründung eines paritätisch besetzen „Kiezra-tes“ könnte zudem sicherstellen, dass Vertreter aller Häuser an einem Tisch sitzen.

Vertrauen schaffen:
Die jeweiligen Häuser sollten Personen benennen, welche für sie an den Runden Tischen oder Dialogforen teilnehmen können. Somit ist für die Mehrheit die Anonymität gesichert und vor allem ist klar, dass ihre Forderungen an die richtigen Entscheider übermittelt werden. Vertrau-en kann man zunächst nur durch persönliche Gespräche aufbauen. Die Probleme und die dar-aus resultierende Ängste müssen ganz wortwörtlich auf den Tisch gebracht werden.

Zupackende Repression:
Eine zeitlich begrenzte Mobile Wache im Kiez könnte eine klare Dialogbereitschaft signalisieren. Der Raumschutz muss über die nächsten Wochen und Monate bestehen bleiben und kann ein sofortiges polizeiliches Einschreiten bei Brandanschlägen oder Sachbeschädigungen gewährleisten. Ein zuständiger Staatsanwalt für den Bereich wäre zudem eine Möglichkeit um die Strafverfolgung intensiver als bisher zu voranzutreiben. Das Ordnungsamt muss gezielter Ordnungswidrigkeiten nachgehen und damit deutlich zeigen, dass rechtsfreie Räume nicht geduldet werden.

Spaltung der linksextremistischen Szene:
Wir müssen das Sympathisanten-Umfeld vom gewaltbereiten Kern der Linksautonomen Szene trennen. Die Situation rund um die R94 hat die linksautonome Szene mehr als jemals zuvor geeint und zusammengeschweißt. Das bedeutet, dass man mit dem gewaltfreien Teil sprechen muss. In der Phase, in der es mehr um die Orientierung in der Szene geht, muss gezielt angesetzt werden. Diese Aufgabe könnten beispielsweise NGOs übernehmen. Wir würden der extremistischen Szene den Mobilisierungseffekt und die Radikalisierungsdynamik nehmen.

Langfristiger Umgang mit R94:
In allererster Linie muss der Eigentümer der Rigaer Straße 94 klar sagen, was er mit dem Objekt vorhat. Ohne die Einbindung des Eigentümers und der Hausverwaltung wird es keine Lösung geben. Grundsätzlich gilt die Frage: Sollen die bestehenden Mietverträge aufgelöst oder fortgeschrieben werden? Die Mieter wollen eine Rechtssicherheit. Langfristig kann man darüber diskutieren, ob das Land Berlin das Objekt kauft, sofern ein Verkaufsinteresse besteht, oder die Mieter kaufen ihr Objekt.

Langfristiger Umgang mit besetzten Häusern:
Das Land Berlin muss gemeinsam mit den betroffenen Bezirken darüber sprechen und entscheiden, wie man mit den teilweise besetzen Objekten in Berlin dauerhaft umgehen möchte. Entweder geht man den Weg wie in Hamburg und kauft die Objekte auf und gibt somit Rechtssicherheit oder man regelt den Konflikt durch Dialogbereitschaft und klare Grenzziehung.

Überparteiliche Zusammenarbeit:
Die demokratischen Parteien sollten hier Einigkeit im Umgang mit Gewalttaten der Linksautonomen Szene in Berlin zeigen. Der öffentliche Streit hat nur der linksautonomen Szene und der AfD geholfen. Parteien sollten an ihrer eigenen Problemlösungskompetenz arbeiten, damit klar wird, dass ihr Gesamtinteresse darin besteht Konflikte frühzeitig zu unterbinden und zu lösen. In der Bekämpfung des politischen Extremismus muss Einigkeit bestehen.

Tom Schreiber, MdA
Mai 2017

(10-Punkte-Papier im PDF-Format)

Entdecke mehr von Tom Schreiber (SPD)

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen